ELZACH-OBERPRECHTAL. Eine wahre „Wellness-Oase“ für echte Lokalpatrioten im Zeitalter der aufgezwungenen bayrischen Lederhosen-, Dirndl- und Maßkrüge-Veranstaltungen war er, der badische Abend des heimischen Musikvereins im hintersten Elztal mit dem Kuhbacher „Musikverrückten“ Helmut Dold, bekannt als „de Hämme“ (der Helmut). Und dann die Musik! Keinesfalls Revolutionsverdächtiges bestimmte den Abend mit dem Trompeten-Studioso. „Ich sing, babbel un blos dezu“ erklärte der in Lahr Eingemeindete. Bald hatte er das Publikum in seinen Bann gezogen. Denn wer sonst bestätigt einem, dass man als Badener „kranate-g’scheid“ sei. Was den Kerli gleich symbadisch machte, war sei Gschichtle aus Kuhbach. Die Episode um den Ortsvorsteher „Benze-Theo“ oder „d‘ Zimmermann‘s-Trudel“ könnte auch in Oberprechtal geschehen sein. Bis hin zu den SPD-Ortsvereinen, die hin und da eines ihrer Mitglieder austauschen könnten, dass man an einem Ort wenigstens Skat spielen könnte, fanden sich zwischen Kuhbach und Oberprechtal doch viele Gemeinsamkeiten. Was „de Hämme“ kaum oder fast gar nicht brauchte, waren die Bretter, die für manche Künstler die Welt bedeuten. Er war mitten unter seinem Publikum. Mit „Gsait isch gsait“ zeigte er gleich, dass er auch ein Mann des „geschliffenen Wor-tes“ ist. Dies ließ zwar die ersten Zweifel an seiner badischen Herkunft aufkommen, denn – Günther H. Oettinger lässt grüßen – so gestochen scharf können‘s doch nur die Schwaben. Nun ja, „de Hämme“ isch halt ä Schdudierte, zumindeschd in dr Musik. Aber sichtlich mehr am „Herzblut“ als am Studium liegt es, dass wenn das Multitalent „ä blosbares Inschdrument“ in seine Hände kriegt, dass dann auch was Zünftiges zustande kommt. Wie nah er mit seinem Jagdhorn und dem Stück „D‘ Erwin, ä Fässli uf em Hörnli“ einem Oberprechtäler Original gekommen war, konnte er als Kuhbacher gar nicht erahnen. Sogar die Musikerkollegen staunten über den „Jagdhorn Blues“, den er Klaus-Dieter und Michael, zwei Einheimischen, gewidmet hatte.

Beim badischen Abend dürfen Mundartdichter nicht fehlen. Rezitiert wurden Werner Richter, Gerhard Jung als „Beckenbauer“ der heimischen Poeten und natürlich Helmut Dold selbst. Dann ging das Musikerblut wieder mit dem „Hämme“ durch. Erst erklärte er den jüngeren Gästen, was ein richtiger „Tanz- Bär“ war. Nun, er ist fast ausgestorben, nur einzelne Exemplare haben in der Disco überlebt. Dann legte er mit dem „Disco Bär“ einen Rock’n’Roll aufs Oberprechtäler Parkett – natürlich mit Unterstützung seines Jagdhornes. Der badische „Hämme“ reagierte auch auf die immer mehr aufkommenden neuen Kindernamen wie Emelie Breges, Alaika Nusell, Kevin Jordan, die mit den urigsten heimischen Nachnamen wie Klausmann, Müller oder Maier die schönsten Verbindungen eingehen. „Wo sin die schöne Name hin?“ sang er und sprach vielen aus der Seele. Ein Stück, das bei alemannischen Veranstaltungen nicht fehlen darf, „d‘Hans im Schnogeloch“, wurde „à la Hämme“ ergänzt, wobei sein Flügelhorn kräftig zum Einsatz kam und er damit den letzten Stimmungsschalter umlegte. Die Gäste waren voll auf seiner Seite und die Lokalpatrioten wären ihm wer weiß wohin gefolgt. Doch „de Hämme“ hatte nichts mit Revolution am Hut, er beruhigte sein Volk urbadisch mit der gefühlvollen Jazz-Ballade „Irgendwo hinterm Rainbow“. Zum Abschluss erwies sich Helmut Dold als bewegender Tanzmusiker und kannte keine Grenzen. Viele wollten gar nicht mehr mit dem Tanzen aufhören. Auch auf der Bühne herrschte beste Stimmung: Man hatte sich gesucht und gefunden, „Hämme“ war sicher nicht zum letzten Mal in Oberprechtal. Nicht zu vergessen war die hinter dem dem agilen Urgestein ständig „hinterherwuselnde“ Assistentin und Lebensgefährtin (laut Helmut Dold Mehrzahl von Lebensgefahr), die ihm seine Requisiten dorthin platzierte, wo er sie zur geeigneten Darstellung brauchte. Lob an das Duo, man sollte es für sie den Badischen Unterhaltungsorden ins Leben rufen. Mindestens. (Roland Gutjahr)

Badische Zeitung vom 31. März 2009